Obwohl grundsätzlich auch andere Deutungsmöglichkeiten vorliegen (die weiter unten beschrieben sind), dürfte der Ursprung und damit die Bedeutung des Namens Wymann - wie es die dialektale Form wy für "Wein" vermuten lässt - im Umfeld des Weinhandels oder dem Betreiben einer Schankstube liegen. Dieser Deutung schliesst sich auch das Familienwappen aus dem 18. Jahrhundert an, womit es zu einem der gar nicht so zahlreichen Beispiele gehören dürfte, die einen Familiennamen korrekt interpretieren (und nicht, in sogenannter "Volksetymologie", zu nachträglich falschen Schlüssen kommen).
Im deutschen Sprachraum gab es bis zum 12. Jahrhundert nur Vornamen, erst mit der Ausweitung der Handelsbeziehungen und des Anwachsens der Städten wurde der Übergang zu erblichen Familiennamen notwendig, denn die immer häufigeren Rechtsgeschäfte und die wachsende amtliche Verwaltung erforderten eine genaue Unterscheidung von Personen, was bei den vorher üblichen Vor- oder Taufnamen nicht möglich war.
Um 1200 entsprang die grosse Mehrzahl der bürgerlichen Namen im deutschen Sprachgebiet sogenannten Herkunftsnamen, die von Ortsbezeichnungen abgeleitet waren. Eher seltener waren Namen die von Rufnamen (Vornamen) abgeleitet waren. Vereinzelt tauchen auch Übernamen, die nach persönlichen oder körperlichen Merkmalen gebildet wurden, auf. Ab 1300 kamen die Berufsnamen und die Wohnstättennamen (abgeleitet von der Bezeichnung der Lage des Wohnhauses) auf. Während die Berufs- und Übernamen bis zum Jahr 1500 auf rund 20% bzw. 30% anstiegen, sank der Anteil der Herkunftsnamen in drei Jahrhunderten auf 30 % ab.
Dieser - zum Rufnamen beigefügte - Name bezog sich zunächst allerdings nicht auf die Familie, sondern auf eine einzelne Person, und war dadurch auch nicht erblich. Erst im Laufe der Zeit verloren die Beinamen ihren individuellen Charakter, sie "erstarrten" und wurden nun von Generation zu Generation weitergegeben. Berufsnamen boten sich hierfür deshalb besonders an, da die Berufe oftmals vom Vater auf den Sohn übertragen wurden.
Allerdings gab es für die Zeit des Mittelalters keine festen Vorschriften über die Verwendung und insbesondere auch die Schreibung des Familiennamens. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war die Schreibweise zwar durch Tradition gefestigt, aber es gab nicht einmal lokale Regelungen der Rechtschreibung - alles, was vom Schreiber oder Pfarrer schriftlich fixiert wurde, war nach deren Gutdünken geschrieben. Erst 1760 wurde in der Schweiz die Forderung laut, dass jeder Erwachsene in der Lage sein sollte, schreiben und lesen zu können. Weite Teile der Bevölkerung blieben jedoch noch eine ganze Weile Analphabeten, so dass es aus dieser Richtung ebenfalls keine beständige Schreibform geben konnte. Alle diese Faktoren führten zu einer Vielzahl von Varianten bei der Schreibweise von Familiennamen.
Dabei konnte es nebst "Verstümmelungen", die oft auf einer dialektal gefärbten Verkürzung beruhten (so wie etwa im Berndeutschen "Wy-mann" umgangssprachlich zu "Wy-me" wird), auch zu nachträglichen Interpretationen der Bedeutung eines Namens kommen, welche die Schreibweise festigten. Nicht immer war diese nachträgliche Deutung der ursprünglichen Bedeutung eines Namens jedoch auch richtig. Besonders bei alten Namen fehlte dazu oft die Kennntis der Sprache, aus der sie urspürnglich stammten.
Wymann, der Weinmann - Weinhändler oder Weinschenk?
Der Famlienname Wymann findet sich alleine in den Taufrodeln der Kirchgemeinde Sumiswald in mindestens drei Varianten wieder:
- Wymann (die gebräuchlichste und schlussendlich auch "offizielle" Schreibweise)
- Wyman (1654)
- Weinmann (1778)
Gerade die letzte Variante zeigt, dass die Interpretation des Namens im Zusammenhang mit Wein schon vor mehr als 200 Jahren sozusagen auf der Hand lag - der offenkundig schulmeisterlich denkende Pfarrer wollte mit dieser Schreibweise wohl die "korrekte" und sinngerechte hochsprachliche Form der ihm dialektal anmutenden Aussprache abbilden.
Diese Deutung würde - wissentlich oder unwissentlich - von der bereits althochdeutsch belegten Berufsbezeichnung wînman (ausgesprochen als "wiinmann" ["Wein-Mann"]) ausgehen. Das Mittelhochdeutsche î - im Berndeutschen als langes ii noch heute erhalten - wurde dabei zunehmend mit der Schriftform -y- wiedergegeben (die klassische Zeit des Mittelhochdeutschen fällt in den Zeitraum von 1190 bis 1220, nachdem es sich um 1050 aus dem Althochdeutschen entwickelt hatte und um 1350 ins Frühneuhochdeutsche überging).
Zeitlich würde diese Ursprungsdeutung mit den erstmaligen amtlichen Erwähnungen des Familiennamens Wymann übereinstimmen, wenn man davon ausgeht, dass sich der Name als abgeleitete Berufsbezeichnung bereits gefestigt haben sollte: 1360 Uolli (Ueli) Winman von Hönstetten (Höchstetten bei Koppigen).
Aus dem Bürgerbuch der Stadt Schaffhausen, welches die Einbürgerungen auf Grund der Stadtrechnungen auflistet, geht hervor, dass der Familienname Winmann bereits vor 1392 das Bürgerrecht der Stadt Schaffhausen besass. Besonders interesssant ist dabei die Anmerkung "Wymann, Weinmann", die einerseits die Ursprungsform (Winmann) bestätigt und gleichzeitig schon auf die daraus erwachsenden Varianten Wymann und Weinmann hinweist.
1468 Margreth Wymann (Witwe von Kuni Wymann) von Rümlang.
Demzufolge würde der Ursprung des Familiennamens in einer Berufsbezeichnung liegen und letztlich auf eine Person zurückgehen, die Weinhändler oder Weinschenk war und deshalb mit dem Beinamen Wînman gerufen wurde. Belege für diese Tätigkeit gibt es schon sehr früh: im ältesten erhaltenen deutschen Buch überhaupt, dem St.Galler Abrogans Glossar, entstanden um 790, findet sich auf Seite 59 als althochdeutsche Erklärung von lateinisch caupo uuernari der Eintrag "ther uuin (wîn) farchauffit", also "derjenige, der Wein verkauft".
Andere mögliche Ursprünge des Familiennamens
Der Ursprung des Namens Wymann könnte allerdings auch überhaupt nichts mit Wein zu tun haben. Einen Hinweis auf einen möglichen anderen Hintergrund findet man in den geschichtlichen Ursprüngen der Gemeinde Oberburg, die am Übergang des hügeligen unteren Emmentals zum Mittelland liegt. Der Ort wird erstmals 1139 als "Obernburg" urkundlich erwähnt - vermutlich wurde eine "obere Burg" im Gegensatz zur "untern Burg" (der heutigen Stadt Burgdorf) bezeichnet.
Die "von Obernburg" treten in Quellen zwischen 1240 und 1350 auf. Rudolf de Obrenburch wird als Schultheiss von Burgdorf, sein Sohn Ludovicus de Obernburc 1294 als Schultheiss von Huttwil genannt. Die "von Obernburg" waren später auch Burger von Bern und besassen Ländereien im der Umgebung von Thun. Im Zollinger Ausgang (13. Jahrhundert) findet sich auch ein gewisser Joh. de Obrunburc dictus Wiman, also ein Johann von Oberburg "genannt Wiman".
Der Zusatz des lateinischen "dictus" nach dem Rufnamen ist als Markierung eines Beinamens typisch für diese Zeit (in anderen Quellen finden sich auch nicht-lateinische Zusätze wie "geheisset" oder "den man sprichet"). Wie der Beiname zum eigentlichen Namen werden kann, zeigt ein Beispiel aus Freiburg i.B.: 1349 erscheint ein Burkhart Goltsmit geheisset Lermúndelin, der bereits vier Jahre danach nur noch als Burkart Lermúndelin benannt wird.
Ein weitere urkundlich belegter Wiman findet sich 1258 in der alten Reichsstadt Giengen (Baden-Württemberg). Am 8. März verkauft ein Ritter genannt Dietleip von Giengen" sein Gut. Als Zeugen hierbei sind u. a. benannt: Sein Bruder von Giengen und seine beiden Söhne, ferner ein Wiman von Giengen sowie der jüngere Gusso von Stronburc" (Stromburg bei Hermaringen).
Der Umstand, dass Johann von Oberburg sowie der Zeuge von Giengen Wiman und nicht Wînman genannt wurden, könnte darauf hindeuten, dass ihr "individuelles Kennzeichen" mit etwas anderem als Wein zu tun hatte. Grundsätzlich gibt es dafür mehrere Möglichkeiten, wenn man davon ausgeht, dass hier allenfalls eine althochdeutsche Bezeichnung vorliegt.
Wymann - der Fromme ?
Der Beiname Wiman geht möglicherweise zurück auf althochdeutsch wî + man ("[ge]heilig[t]er" + "Mann") zur Bezeichnung eines frommen Mannes. Ein wahrscheinliches Namensbeispiel in diesem Sinne stellt der Priester Wimann dar, der 1161 die Priesterweihe in der Gemeinschaft der Abtei St. Vedastus (Saint-Vaast) in Arras (Nord-Frankreich) erhielt und ab 1170 ein Besitzverzeichnis von St. Vedastus erstellte (das meist als "Wimann-Chartular" bezeichnet wird). 1190 wurde er Profos der Abtei, gestorben ist er am 25. April 1192. Sein Bruder Lambert, Bischof von Arras, führte darauf das angefangene Verzeichnis bis zur Fertigstellung 1196 weiter.
Quelle: Nekrolog von St. Vedastus ed. Eugène-François van Drival, Nécrologe de l'abbaye de St-Vaast d'Arras [Documents inédits publiés par l'Académie d'Arras 7], 1878)Ironischerweise ist selbst der fromme Priester Wimann nicht ohne Verbindung zum Wein: 1175 wurde er zum Kellermeister der Abtei ernannt...
Wymann - der Krieger ?
Eine andere Ursprungsdeutung des Familiennamens nimmt einen althochdeutschen Beinamen wig(h) + man ("Kampf, Krieg" + "Mann") an und würde somit bedeuten, dass damit die Eigenschaft des ursprünglichen Namensträgers als Krieger bezeichnet wurde.
Diese Namensdeutung ist die häufigste und bevorzugte Namensdeutung angelsächsischer Studien im Zusammenhang mit englischen und amerikanischen Familiennamen wie
- Wyman
- Wymant
- Wiman
- Whyman
- Whymant
- WhyghmanDiese Deutung stützt sich auf die Sprache der Vikinger (altdänisch), konkret auf vimund (vi "Krieg" + mund "Schutz"), bzw. wigmundr (altnordisch). Gemäss dieser Erklärung soll der Name mit den Vikingern auf die britischen Inseln gekommen sein. Als Beleg dafür gilt die urkundliche Erwähnung der Geburt von Witlaf Wymund im Jahre 804. Die älteste Erwähnung des Familiennamens Wyman findet sich übrigens 1344 in Yorkshire (Henry Wyman). Oft zitierte mögliche Namensbeispiele für diese Ursprungsdeutung sind:
- Witlaf Wymund (804)
- Wychmann(us) (um 825)
- Wigman (um 1200)
- Wichmann(us) (um 1280)
- Willelmus Wyghman (1379, Steurregister Denaby [Yorkshire Poll Tax])
- Johannes Wygh'man (1379, Steurregister Denaby [Yorkshire Poll Tax])
- Hugo Wyghman (1379, Steuerregister Darrington [Yorkshire Poll Tax])In diesem Zusammenhang stellt sich die Grundsatzfrage, ob alle diese Familiennamen und Varianten überhaupt auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehen oder nicht vielmehr an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten enstanden sind. Die meisten Amerikaner mit Familenname Wyman sind Nachfahren eines Auswanderers aus England, es gibt aber auch Namensvetter (Wyman oder, seltener, Wymann geschrieben) deren Abstammungslinie über einen Emmentaler Auswanderer nach Sumiswald führt.
Wymann - der Gefährte?
Schliesslich gibt es noch die Ursprungsdeutung auf der Grundlage von althochdeutsch win(i) + man ("Freund, Gefährte" + "Mann"). Die Namensbeispiele, die hierfür angeführt werden können, sind jedoch nicht besonders überzeuegnd, da sie alle kaum zu einer Form Wiman geführt hätten:
- Adalwin ("edler Gefährte")
- Winrich ("starker Freund")
- Winston (der Vorname Churchills leitet sich ab vom englischen Dorf Winston (Gloucestershire), dessen Name als altenglisch "Ort des Freundes" gedeutet wird)
Seite erstellt am 31.März 2004
Seite geändert am 30 August 2015